Fliegerchronographen von Tutima und Hanhardt
Einleitung
Wie so oft tauchte die von uns gezeigte Flieger- bzw. Pilotenuhr in einem Nachlass auf, gemeinsam mit vielen anderen Zeitmessern, die sich über Jahrzehnte in einer Familie angesammelt hatten. Sie lag unbeachtet zwischen ausgesonderten oder defekten Armbanduhren aus den 1960er- und 1970er-Jahren – ohne Armband, mit stark zerkratztem Glas, äußerlich unscheinbar. Mechanische Uhren galten zunehmend als altmodisch und wurden durch moderne Digital- und Quarzuhren ersetzt. So verschwanden viele dieser einst sorgfältig gefertigten Zeitmesser in Schubladen, alten Kästchen oder schlicht im Müll.
Solche Funde stehen stellvertretend für zahlreiche Fliegerchronographen dieser Zeit, deren Bedeutung erst Jahrzehnte später wieder erkannt wurde.
Fliegerchronographen im Zweiten Weltkrieg
Fliegerchronographen gehörten im Zweiten Weltkrieg zur technischen Standardausrüstung fliegenden Personals. Sie dienten der präzisen Zeitmessung, der Navigation und der Koordination im Einsatz. Es handelte sich nicht um Prestigeobjekte, sondern um funktionale Arbeitsinstrumente. Zwei Hersteller stehen exemplarisch für diese Uhren: Tutima aus Glashütte und Hanhardt aus Schwenningen.
Gerade in den späten Kriegsjahren zeigen beide Marken deutlich, wie sich Technik, Fertigung und äußere Gestaltung unter zunehmendem Druck veränderten.
Produktion unter Endkriegsbedingungen
Ab etwa 1944 verschlechterten sich die Rahmenbedingungen für die industrielle Fertigung spürbar. Materialknappheit, logistische Probleme, Personalmangel und unklare Zuständigkeiten prägten auch die Uhrenproduktion. Häufig wurden vorhandene Werk- und Gehäusebestände weiterverwendet, Komponenten aus unterschiedlichen Fertigungszeiträumen kombiniert und Uhren erst gegen Kriegsende oder kurz danach fertiggestellt.
Der Begriff „Endkriegsfertigung“ beschreibt daher weniger ein exakt festlegbares Produktionsdatum als vielmehr die Umstände, unter denen diese Fliegerchronographen entstanden.
Tutima – technische Kontinuität aus Glashütte
Tutima, die Handelsmarke der Uhren-Rohwerke-Fabrik Glashütte (UROFA), stand für einen technisch anspruchsvollen Ansatz. Zentrale Grundlage war das Kaliber UROFA 59, ein Schaltrad-Chronograph mit Flyback-Funktion und Handaufzug, vollständig in Glashütte entwickelt und gefertigt.
Auffällig ist der Gegensatz zwischen Technik und äußeren Umständen: Während die äußere Ausführung zunehmend vereinfacht wurde, blieb die technische Qualität des Werkes auch in den letzten Kriegsjahren konstant. Tutima-Chronographen stehen damit für technische Beständigkeit in einer Zeit zunehmender Auflösung.
Hanhardt – robuste Serienlösungen aus Schwenningen
Hanhardt verfolgte einen anderen Ansatz. Der Hersteller setzte stärker auf industrielle Serienfertigung und robuste, gut wartbare Konstruktionen. Besonders verbreitet war das Kaliber Hanhardt 41, ausgelegt auf Zuverlässigkeit und den praktischen Einsatz.
Gegen Kriegsende nahm auch bei Hanhardt die formale Einheitlichkeit ab, ohne die Funktionalität zu beeinträchtigen. Die Uhren blieben einsatzfähig und erfüllten weiterhin ihren Zweck.
Gestaltung und Nutzung
Unabhängig vom Hersteller folgten Fliegerchronographen der Endkriegszeit keinem repräsentativen Anspruch. Gestaltung und Ausstattung waren auf das Notwendige reduziert: gute Ablesbarkeit, robuste Bauweise, der Verzicht auf dekorative Elemente und keine individuelle Personalisierung. Die Uhren galten als staatliches Gerät und wurden ausgegeben, instandgesetzt und weiterverwendet. Eine persönliche Zuordnung zu einzelnen Piloten ist die Ausnahme.
Kriegsende, Beute und Verlust
Mit dem Kriegsende verloren viele Soldaten ihre persönliche Ausrüstung. Fliegerchronographen waren beliebte und begehrte Objekte und wurden bei Gefangennahmen systematisch abgenommen. Für deutsche Soldaten bestand in der Regel keine Möglichkeit, ihre Uhr durch Internierung oder Kriegsgefangenschaft zu behalten.
Auf diese Weise gelangten zahlreiche Fliegerchronographen in den Besitz der Siegermächte und wurden als Erinnerungs- oder Gebrauchsgegenstände mitgenommen. Dieser Umstand erklärt, warum viele originale Uhren heute außerhalb Deutschlands auftauchen, häufig ohne nachvollziehbare Herkunft, aber mit klarer zeitlicher Einordnung.
Nachkriegszeit und internationaler Einfluss
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs verloren Fliegerchronographen ihre unmittelbare militärische Funktion, blieben jedoch technisch und gestalterisch prägend. Die im Krieg entwickelten Anforderungen an Ablesbarkeit, Robustheit und Zuverlässigkeit wirkten weit über das Kriegsende hinaus.
Neben Tutima und Hanhardt prägten auch weitere Hersteller die Entwicklung funktionaler Flieger- und Militäruhren, darunter Laco, Stowa, Junghans, Kienzle, A. Lange & Söhne sowie international Longines, Heuer, Universal Genève, Lemania, Zenith, Jaeger-LeCoultre, Rolex, Breitling und Omega. Diese Marken griffen bewährte Konstruktionsprinzipien auf und entwickelten sie in den Nachkriegsjahrzehnten weiter – sowohl für militärische Anwendungen als auch für den zivilen Markt.
Damit bildeten Fliegerchronographen der Kriegs- und unmittelbaren Nachkriegszeit die Grundlage für zahlreiche Armbanduhren, deren funktionale Gestaltung bis heute fortwirkt.
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